Lothar Kliesch

Fahrradverkehr und –tourismus im Land Brandenburg

Rede zur Großen Anfrage "Fahrradverkehr und –tourismus im Land Brandenburg" am 24.01.02

Kliesch (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Radwanderwege sind wichtiger Bestandteil der touristischen Infrastruktur unseres Landes. Das Thema gilt es heute zu besprechen. Die Große Anfrage, die die Landesregierung hier geliefert hat, macht dazu klare Aussagen.

Wer hätte vor einigen Jahren gedacht, dass wir überhaupt so ein Werk zusammenbekommen? Damit meine ich nicht nur die Antworten als solche, sondern auch die Tatsache, dass die Radwege auch wirklich von A nach B verlaufen und darüber hinaus Fernradwege sind. Das hätten wir damals nicht gedacht. Mein Dank insbesondere für diese Arbeit gilt der gesamten Landesregierung, denn viele Fragen waren zu beantworten.

Herr Minister Meyer, es ist nicht nur die Frage der Nutzung der Brandschutzstreifen. Das ist bis heute immer noch nicht geklärt. Lesen Sie einmal die Antwort nach. Da steht in etwa - ich übertreibe ein bisschen -: Wenn es dem Förster gefällt, kann er es machen. Wenn er die Raucher nicht mag, dann macht er es nicht. Also, so geht es nicht. Da muss man nun schon einmal ein deutliches Wort sagen nach dem Motto: Dort, wo es technisch geht, soll es gemacht werden, egal, wie der Förster heißt, und ob er Raucher oder Nichtraucher ist. Also da müssen wir noch ein bisschen nachlegen.

Herr Schrey hat hier gesagt, wir brauchen dringend eine Analyse, aus der sich ergibt, welche wirtschaftlichen Potenziale der Radtourismus hat. Ich denke, diese Analyse wird die Tourismus-Marketing-Gesellschaft machen. Wir vom Landestourismusverband werden jedenfalls darauf achten, dass dies kommt. Aber das muss auf der Grundlage eines ordentlichen Systems, eines Netzwerkes geschehen. Wir können nicht parallel zum Bau gleich Analysen machen, dann laufen wir Gefahr, dass wir uns selbst nachweisen, dass es noch nichts gebracht hat. Nichts ist schlimmer, als dem Kunden ein Produkt nicht anzubieten, aber zu fragen, wie es ihm gefällt.

Im Jahre 1999 haben nach Angaben des ADFC 1,92 Millionen Deutsche ihren Urlaub überwiegend sozusagen auf dem Sattel verbracht. Das entspricht etwa 4 aller Urlaubsreisen. 1998 dagegen waren etwa 400 000 Schiffsreisen gebucht worden. Das Potenzial ist schon beachtlich. Für den Inlandsurlaub spielt der Fahrradtourismus eine größere Rolle als für den Auslandsurlaub - das ist ja nichts Neues -, insbesondere deshalb, weil wir wegen der Nähe zu der Metropole Berlin sehr stark auf den Tagesausflug der Radfahrer spekulieren. In den Jahren 1995 bis 1998 betrug die Zuwachsrate beim Urlaub mit dem Rad 15 . Einen Fahrradurlaub planten im Jahre 2000 7,5 % aller Deutschen. Dabei waren Hauptanlaufpunkte Ostseeküsten-Radweg, Elbe-Radweg, Weser-Radweg, Donau-Radweg und Altmühl-Radweg. In Brandenburg verläuft nur der Elbe-Radweg und wir haben dort noch ein Defizit. Wir müssen werben mit dem Ziel, den potenziellen Fahrradtouristen klarzumachen, dass es in unserem Land Möglichkeiten gibt, sodass sie auch einen längeren Fahrradurlaub hier verbringen.

Herr Minister Meyer, es ist zwar schön, wenn gesagt wird, die Alltagsradwege sollten stärker berücksichtigt werden, das Verhältnis zu den Radwegen sei zu ungünstig; ich warne aber davor, denn wir als Touristiker müssen sagen, dass jeder Tourist einen Anspruch darauf hat, einen entsprechenden Radweg zu finden, der die touristischen Ziele verbindet. Wenn die gleichen Wege auch von Schülern genutzt werden können, ist es ja nicht schlecht. Entsprechend haben wir das auch bei der Umsetzung der Programme für touristische Radwege gestaltet. Nur können wir nach der PISA-Studie zum Beispiel nicht sozusagen Besuchsofferten für Brandenburger Schulen einbauen. Das wird uns nach dieser Analyse nicht gelingen. Da müssen wir ein bisschen aufpassen.

Der Radtourist - das ist ein wirtschaftlicher Faktor - gibt 20 % mehr Geld aus als der sonstige Urlauber. Das sind also nicht arme Leute, die unterwegs sind, sondern die achten darauf, dass ihr Fahrrad gut untergebracht wird und dass sie auch gutes Essen und eine gute Unterkunft finden, und zwar alles in einer Kategorie, die man als gut und besser einschätzen muss; anderenfalls ist heute niemand mehr gern unterwegs. Wir waren sehr dankbar, als 1996 unser damaliger Minister Dreher einen Fixbetrag forderte, und wir waren uns damals schon sicher, dass wir für die touristischen Fernradwege Mittel in einer Größenordnung von 200 Millionen DM brauchen würden. Die Analysen lagen ja vor. Nun war die Kunst gefragt, den goldenen Zügel so einzusetzen, dass sich die Landkreise und Gemeinden auch danach richten.

Ich habe da meine eigene Lebenserfahrung. Unser Landkreis hatte ein Paket von 30 Millionen DM abgelehnt, aber die Gemeindevertreter und Bürgermeister wollten das umsetzen. Der Landkreis hat dann zum Schluss den gordischen Knoten gelöst, indem er die gemeinsame Gegenfinanzierung über die Erhöhung der Kreisumlage sicherte. Nur so ist das zustande gekommen. Hier war nicht nur die Frage, wie man etwas umsetzt, wie man die mittelständische Tiefbauwirtschaft in der Region mit 30 Millionen DM fördert, sondern hier stand auch die Frage an, wie man die kommunale Zusammenarbeit so organisiert, dass sich die Kleinen, nämlich die Gemeindevertreter, angesprochen fühlen. Das gelingt am besten mit dem goldenen Zügel.

Herr Minister Fürniß, ich vermisse den goldenen Zügel in der Planung Ihrer entsprechenden Investitionen. Wenn gesagt wird, es würden nur noch die Lücken in den Fernradwegen geschlossen, so geschieht dies sicherlich noch mit Mitteln aus den 200 Millionen DM, die noch nicht verbaut sind. Ich erwarte aber auch - da sind die Vertreter der Reisegebiete meiner Meinung -, dass alle kleinen Radwege mit den großen Fernradwegen vernetzt werden, wenn das erfolgreich sein soll. Nicht jede Gemeinde kann mit den GFG-Mitteln einen Standard von 2,5 oder gar 3 Metern Breite bieten. Die Wege dort sind preiswerter, kleiner und vielleicht qualitativ nicht so gut. Aber wir wollen ja auch, dass die Radler nicht durchradeln, sondern dass sie Halt machen.

Wenn jemand sagt, Brandenburg sei als Radwanderland prädestiniert, weil das Land so flach sei, dann könnte man dem entgegnen, er solle mal den Hagelberg bei Belzig hochradeln, der ja schon ganz schön hoch ist. Aber einmal abgesehen davon ist Brandenburg natürlich auf Fahrradtouristen angewiesen, weil die Touristen sonst die Landschaft zwar erleben, aber die Kulturstätten nicht erreichen könnten. Zu Fuß ist das oftmals zu weit an einem Tag. Das Fahrrad ist hierfür ideal.

Wie wir hier gehört haben, fahren auf den Wegen einige auch mit Rollschuhen oder Skatern. Das ist ebenfalls eine tolle Sache. Einige Radwege, gerade im Fläming, sind ja super ausgebaut. Wir in Oberhavel haben da nachgezogen. Zum Teil kann auch der Weg von Berlin nach Kopenhagen mit Skatern wunderbar befahren werden. Das ist also in Ordnung. Die Gemeinden haben da aber noch Wünsche. Ich weiß nicht, ob sie das alles realisiert bekommen. Die Vertreter der Reisegebiete müssen da ganz schön arbeiten, um die Gemeinden zu motivieren, Mittel aus der Gemeindefinanzierung einzusetzen. Wir haben das GFG ja auch etwas freier gestaltet, haben nicht mehr so viele Mittel zweckgebunden. Die Gemeinden müssen sich verstärkt bemühen, das Geld in den Wirtschaftskreislauf zu bringen.

Zu der wichtigen Diskussion über die Arbeitslosigkeit im Land möchte ich Folgendes sagen: Alle rufen nach kommunalen Investitionsprogrammen. Der Ausbau der Radwegenetze in den Regionen ist so ein Programm. Natürlich gehören dazu auch die Programme für Alltagsradwege. Ich will diese nicht außen vor lassen. Wir wissen, dass die Wege vielerorts deckungsgleich sind. Aber ein Verhältnis von 200 Millionen zu 13 Millionen ist vielleicht doch ein Ansporn, beim Alltagsradwegebau noch nachzulegen. Darin sind wir uns wohl einig.

Wir sind auf gutem Wege, und weil wir auf gutem Wege sind, haben wir gesagt: Nicht kleckern, sondern klotzen. Wir haben aus diesem Grunde schon einmal Broschüren mitgebracht, die ich draußen ausgelegt habe. Als Vertreter des Landestourismusverbandes bedanke ich mich ganz herzlich bei den Mitarbeitern meines Verbandes und auch bei denen des TMB.

(Beifall bei der SPD)